Derealisation & Depersonalisation

Der Mensch und die Psyche reagieren unterschiedlich auf verschiedene Situationen. Das eigene Erleben ist unter Stress oder bei Angst anders als im Zustand von Ruhe und Entspannung. Auch die Wahrnehmung wandelt sich dabei, wodurch die eigene Person oder auch die Umwelt und Umgebung plötzlich anders wirken können. Beispielsweise kann ein Zustand von Übermüdung dazu führen, dass sich die Wahrnehmung verändert. Es kann das Gefühl bestehen, dass sich das Sichtfeld einschränkt oder Dinge nicht mehr scharf wahrgenommen werden. Personen und Umgebungen können dabei ungewohnt oder fremd wirken. Dies sind Zustände, die viele Menschen durchleben. Doch sind diese Zustände bereits als Derealisation zu bezeichnen? Wann handelt es sich dabei eigentlich um eine Störung im psychischen Sinn? Welche Formen gibt es? Und was kann ich dagegen tun?

Was sind Derealisation und Depersonalisierung?

Unter den Begriffen Derealisation und Depersonalisierung werden Phänomene bezeichnet, die eine Beeinträchtigung des eigenen Erlebens und der eigenen Wahrnehmung beschreiben.

Derealisation beschreibt einen Zustand, in dem die Umwelt fremd oder unwirklich wahrgenommen und erlebt wird. Bekannte Dinge oder vertraute Umgebungen erscheinen plötzlich unecht oder unvertraut. Dinge können wie hinter einem Schleier oder Nebel erscheinen. Auch können sie fremd, leblos oder fern wirken. Es handelt sich dabei um einen Zustand, der dem der Depersonalisation ähnelt und mit ihm verbunden ist. Depersonalisation oder Depersonalisierung bezeichnet den Zustand einer gewissen Selbstentfremdung. Es besteht beispielsweise das Gefühl die Umwelt und sich selbst von außerhalb zu betrachten. Situationen werden somit aus einer anderen Perspektive wahrgenommen und wirken fremd. Dabei kann auch der eigene Körper fremd oder unwirklich empfunden werden. Betroffene fühlen sich in Situationen als Beobachter und empfinden das Erlebte wie in einem Film. Eigene Bewegungen wie auch Empfindungen und Emotionen können dabei mit einer gewissen Distanz erlebt werden, sodass sie als flach, unwirklich oder nicht zur eigenen Person zugehörig empfunden werden. Die Symptome der Depersonalisierung können sehr unterschiedlich sein. Das Körpererleben kann verändert sein, sodass der Körper oder Körperteile plötzlich größer oder kleiner wirken.

Abgrenzung zu anderen Störungen

Ein wesentlicher Aspekt bei Derealisation und Depersonalisierung ist, dass betroffenen Person bewusst ist, dass es sich bei ihrem Erleben um eine Störung der Wahrnehmung handelt. Ihnen ist bewusst, dass sie und ihre Umwelt unverändert sind und die Ursache in ihrer Wahrnehmung liegt, die sie täuscht. Aus diesem Grund sind derartige Zustände des Erlebens auch von einem Wahn oder Psychose, wie sie beispielsweise bei einer Schizophrenie auftreten, klar abzugrenzen.

Depersonalisierung und Derealisation als Diagnose

Depersonalisierung und Derealisation treten häufig gemeinsam auf. In der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) werden sie gemeinsam als Depersonalisations- und Derealisationssyndrom beschrieben. Es handelt sich dabei jedoch um eine Diagnose, die selten gestellt wird, da Depersonalisierung und Derealisation selten als eigenständiges Krankheitsbild auftreten, sondern sich oft als Symptome und Begleiterscheinungen anderer psychischer Beschwerden und Erkrankungen zeigen. Häufig treten diese Phänomene gemeinsam mit Angststörungen, Zwangserkrankungen oder einer Depression auf.

Personen, die unter Depersonalisierung oder Derealisation leiden, erzählen oft von anderen psychischen Belastungen, wie traumatischen Erfahrungen oder von Panikattacken und Ängsten.

Bin ich psychisch krank?

Gefühle von Depersonalisierung und Derealisation müssen jedoch nicht zwangsläufig auf eine tiefgreifende psychische Erkrankung hinweisen. Viele Menschen erfahren solche Zustände. Wie eingangs bereits erwähnt können derartige Gefühle und Empfindungen eine Folge von Übermüdung und Erschöpfung sein. Die veränderte Wahrnehmung kann daher durch psychische oder physische Überlastung bedingt sein. Sie werden auch als Folgeerscheinungen von Alkohol- oder Drogenmissbrauch beschrieben. Eine Reihe von Substanzen, wie unter anderem LSD, MDMA oder Cannabis führen zu einem veränderten Erleben und einer Störung der Wahrnehmung im Sinne der beschriebenen Phänomene.

Treten Depersonalisation oder Derealisation als Folge von Überlastung, Stress oder Drogenkonsums auf, ist dies meist nur von kurzer Dauer und die Symptome klingen nach kurzer Zeit wieder ab. Eine Behandlung der Symptomatik ist in diesen Fällen daher in der Regel nicht notwendig, da die Störung der Wahrnehmung mit der Zeit wieder verschwindet.

Sind die Ursachen für die Wahrnehmungsstörungen nicht so leicht auszumachen, kann dies für Betroffene sehr belastend sein. Abhängig von den Symptomen kann die Angst bestehen, körperlich oder psychisch krank zu sein. Manchmal besteht die Hemmung sich an einen Arzt oder Therapeuten zu wenden, aus Sorge von diesem nicht ernst genommen oder für „verrückt“ gehalten zu werden.

Psychotherapie soll jedoch einen Raum bieten, in dem Betroffene von sich und ihren Leidenszuständen sprechen können und sie Respekt, Wertschätzung und Einfühlung erfahren, was ein offenes Gespräch erleichtert.

Zum Verlauf von Derealisation und Depersonalisation

Der Verlauf von Derealisation und Depersonalisierung kann sehr unterschiedlich sein. Zu Beginn können Symptome schleichend auftreten oder auch plötzlich einsetzen. Beim Großteil zeigen sich erste Symptome in der Jugend oder im frühen Erwachsenenalter. Das Phänomen kann eine bestimmte Dauer von Stunden bis Monaten anhalten und sich dann wieder auflösen und nicht mehr auftreten. Auch können diese Zustände über längere Zeiträume episodisch auftreten. Das bedeutet, dass die Gefühle und das Erleben phasenweise auftreten und dazwischen wieder gänzlich verschwinden.

Behandlung und Therapie

Es handelt sich bei den beschriebenen Phänomenen um Störungsbilder, die zum heutigen Zeitpunkt noch relativ wenig erforscht sind. Wie oben bereits beschrieben, handelt es sich bei Depersonalisierung und Depersonalisation zumeist um kein eigenständiges Krankheitsbild. Im Rahmen einer Psychotherapie können die dahinter liegenden Belastungen und psychischen Probleme bearbeitet werden. Gehen wir davon aus, dass das veränderte Erleben und die Störung der Wahrnehmung durch Ängste, Sorgen und Belastungen bedingt sind, dann ist das effektivste Mittel die Bearbeitung dieser Problematiken. Im Falle von Gefühlen der Derealisation, die mit einer Angststörung einhergehen, erfolgt die Bearbeitung im Rahmen der Behandlung der Ängste. Psychotherapie bietet hier einen Rahmen sich mit seinem Leben, Belastungen und Ängsten auseinanderzusetzen und diese zu bewältigen. Infolgedessen können sich auch die beschriebenen Verzerrungen der Wahrnehmung auflösen oder reduziert werden.

Oft geht es darum die Ursachen zu erkennen und beim Auftreten einen entsprechenden Umgang zu finden. Somit kann es möglich werden den Symptomen entgegenzuwirken oder sie zu kontrollieren.